Schaut man sich in der Fachwelt um, gibt es eine Fülle von Trainingshilfen. Besonders beliebt sind Hilfsmittel wenn es um die Leinenführigkeit geht. Es gibt unzählige verschiedene Forme von Hilfsmitteln: Anti-Zug-Halsbänder, Sprühhalsbänder, Halti, Anti-Zug-Geschirre, Thunderleash, Leinen mit Signaltönen….um nur einige zu nennen.
Die Auswahl ist also groß genug und eine einfache Lösung des Leinenführigkeits-Problems greifbar nah.
Schaut man sich jedoch die einzelnen Sachen genauer an, muss man als fachkundiger Mensch ganz klar sagen, dass vieles was verkauft wird, zum Teil ungeeignet – und sogar teilweise tierschutzwidrig ist und von daher nicht angewendet werden darf. Wenn wir uns z.B. das ganz klassische Würgehalsband ohne Stopp ansehen, so darf dieses vom Tierschutzgesetz her bei dauerhaft an der Leine ziehenden Hunden eigentlich so gar nicht verwendet werden, denn im Tierschutzgesetz § 3 Abs. 5 heißt es ganz klar: „Es ist verboten, ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind“
Übrigens trifft das auch auf einige Anti-Zug-Geschirre zu, die zwischen den Vorderläufen einen Druck ausüben, der zu Verletzungen führen kann. Leider kann man sich nicht darauf verlassen, dass alles, was im Handel erhältlich ist, auch dem Gesetz entspricht.
Es gilt also, BEVOR man zu einem solchen Hilfsmittel greift, erst einmal Klarheit zu schaffen, WIE die einzelnen Hilfsmittel wirken und zu entscheiden, ob dies noch im Rahmen des Tierschutzgesetzes ist oder nicht. Erfahrungsgemäß fallen her schon 75 % der Hilfsmittel aus der Auswahl heraus.
Der zweite Punkt, den es immer zu bedenken gilt, der aber zu gern von den Hundehaltern vergessen wird, ist der, dass wir von einem Hilfsmittel sprechen. Egal von welchem der Hilfsmittel wir sprechen, es erzieht den Hund nicht. Das ist unsere Aufgabe als Hundehalter. Daher ist es auch logisch, dass ein Hund, bei dem ein Hilfsmittel plötzlich nicht mehr angewendet wird oder werden kann, ganz simpel gesagt wieder an der Leine zieht.
Ein Hilfsmittel ist dazu da, uns zu HELFEN, bis wir ein entsprechendes Verhalten mit unserem Hund eingeübt haben. Es sollte uns aber nicht die Arbeit abnehmen.
Mangelnde Leinenführigkeit ist auch in meinem Kundenstamm ein häufiges Problem. Und auch ich empfehle dann eventuell den Einsatz eines geeigneten Hilfmittels – vorrübergehend. Um es Hund und Halter zu erleichtern. Um (weitere) schlechte Erfahrungen zu vermeiden. Mir fallen da als Beispiel 2 Hunde/Halter-Teams ein:
1. 70 Kilo Hund im besten Junghundehalter gegen 55 Kilo schwere, ältere Dame. Natürlich könnte man sagen: Kein Hilfsmittel, Training! Aber wie oft stürzt die Frau, zieht sich Verletzungen zu (und fällt damit das Training aus) und leidet mental (weil sie irgendwann Angst bekommt, mit dem Hund spazieren zu gehen), bis die Leinenführigkeit zur Zufriedenheit beim Hund sitzt?
2. 34 Kilo Hund der sehr nervös an der Leine ist und unberechenbar in die Leine springt. Frauchen landete bereits im Wildzaun, weil Hund ein Reh oder ähnliches in der Dämmerung gesehen hat. Gerade solche wild herumspringenden Hunde sind ein Risiko an der Leine, wenn man sie nicht kontrollieren kann. Und nicht nur da. Nachdem Hund seinem Frauchen einen Muskelfaserriss oder ausgekugelte Schulter beschert hat, lässt sie vielleicht die Leine los und der Hund rennt dem Reh auf die Straße hinterher direkt vor ein Auto….
Ich hätte noch mehr Beispiele, denn wie bereits gesagt, ist das Thema Leinenführigkeit ein Dauerbrenner in der Hundeerziehung.
Ich für meinen Teil finde den Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln durchaus legitim, wenn es
a) darum geht, Szenarien zu vermeiden, die mit Verletzungsrisiko oder sonstigem Risiko für Hund, Halter oder andere Personen einhergehen und
b) klar ist, dass ein paralleles Training der Leinenführigkeit erfolgt, denn das Ziel sollte immer sein, OHNE Hilfsmittel einen gut führbaren Hund an der Leine zu haben.
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