Tierkrankenversicherungen – absolut sinnvoll, gut zu haben oder überflüssig?

schwarzer Amerikanischer Cocker Spaniel - braucht er eine Tierkrankenversicherung?

Am 22.11.2022 trat die neue Gebührenordnung für Tierärzte in Kraft und die Preise für tierärztliche Leistungen haben stark angezogen. Eine Möglichkeit, die Kosten für den Tierhalter zu verringern, sind Tierkrankenversicherungen. Das Angebot an solchen Versicherungen ist in den letzten Jahren kontinuierlich auch in Deutschland gewachsen und ich werde immer häufiger nach meiner Meinung zum Abschluss einer Tierkrankenversicherung gefragt, immerhin sind die Beträge zum Teil nicht gerade gering.

Wie viel Sinn macht es also, eine solche Tierkrankenversicherung für sein Tier abzuschließen?

Warum du dir jetzt Gedanken über eine Tierkrankenversicherung machen solltest

Ende letzten Jahres ist die neue GOT in Kraft getreten. GOT ist die Abkürzung für GebührenOrdnung für Tierärzte. Diese Gebührenordnung gibt es analog zur Gebührenordnung der Humanmediziner (dort lautet die Abkürzung GOÄ) und legt fest, welche Gebühren für welche Leistungen zu erheben sind; wie viel also beispielsweise die Kastration einer Katze oder der Allergietest des Hundes kostet.

Dabei haben die Tierärzte einen gewissen Spielraum, denn sie können den Grundbetrag bis zum 3fachen (in seltenen Fällen auch bis zum 4fachen) Satz berechnen. Welcher Satz genutzt wird und wie die Kriterien hierfür sind, bleibt den einzelnen Tierärzten teilweise selbst überlassen; es kann aber zum Beispiel eine Rolle spielen, ob das Tier (oder der Besitzer) besonders schwierig im Umgang bzw. bei der Untersuchung zu händeln sind, zu welchem Zeitpunkt die Untersuchung oder Behandlung erfolgt, unter welchen örtlichen Bedingungen und auch aus dem Wert des Tieres.

Die Anpassung der GOT hat zu enormen Kostensteigerungen beim Tierarzt-Besuch geführt, da die Grundgebühren (also der 1fache Satz der berechneten Leistungen) teilweise auf mehr als das doppelte des vorherigen Betrages gestiegen sind. Erschwerend für Katzen- und Frettchenbesitzer kommt hinzu, dass diese nun in derselben Leistungsklasse liegen, wie Hunde.

So kostet die Allgemeine Untersuchung bei Hund, Katze oder Frettchen mittlerweile im 1fachen Satz 23,62 € (im 3fachen Satz 70,86€). Vor der Anpassung der GOT kostete die Allgemeine Untersuchung (1facher Satz) beim Hund 13,47 € und bei der Katze 8,98 €.

Der Vergleich verdeutlicht die doch recht hohe Steigerung, die zunehmend auch zur Abgabe oder dem Aussetzen von Tieren führt, weil sich viele Menschen das schlichtweg nicht mehr leisten können oder wollen; zumal die Lebenshaltungskosten ja in so ziemlich allen Bereichen im letzten Jahr gestiegen sind.

Einen vermeintlichen Rettungsanker gibt es aber mittlerweile: Tierkrankenversicherungen. Diese sollen analog zu unseren normalen Krankenversicherungen dazu dienen, die Tierarztrechnungen abzufedern.

Welche Möglichkeiten gibt es?

Seit Jahren wächst das Angebot von Tierversicherungen und mit dem Inkrafttreten der neuen Sätze haben die Versicherungen gefühlt noch mehr Geld in ihr Marketing gesteckt. Ich schaue selten Free-TV, erwische doch aber in fast jeder Werbepause mindestens eine Werbung für Tierkrankenversicherungen.

Es ist allerdings gar nicht so leicht, sich durch den Angebotsdschungel zu manövrieren, denn es gibt ganz verschiedene Modelle und Leistungsspektren. Es gibt einerseits sogenannte OP-Versicherungen, die hauptsächlich die Kosten von Operationen decken sollen; andererseits gibt es aber auch Krankenversicherungen, die mit der Übernahme aller Kosten rund um die Gesundheit des Vierbeiners werben; die also auch die Kosten für Impfungen oder Entwurmungsmedikamente übernehmen sollen. Und es gibt jede Menge Möglichkeiten, die sich dazwischen befinden.

Genauso unterschiedlich wie das Leistungsspektrum der Versicherungen sind dann entsprechend auch die Kosten der Versicherungen: zwischen niedrigen zwei- und mittleren dreistelligen monatlichen Beiträgen ist alles dabei.

Als Faustregel gilt: Je jünger und gesünder das Tier beim Abschluß der Versicherung ist, desto geringer ist der Start-Beitrag. Dieser kann jedoch auch von Seiten der Versicherung im Nachhinein noch angepasst werden (was wohl nicht wenige Versicherungen auch kürzlich getan haben).

Vergleichen lohnt sich

Möchte man sein Tier krankenversichern spielen neben den Kosten vor allem auch die versicherten Leistungen eine Rolle. Hier kommen wir dann zu den ersten Stolpersteinen: Der Tierhalter sollte die Versicherungsbedingungen genau überprüfen, es kommt nämlich nicht selten vor, dass Versicherungen im Kleingedruckten so einiges ausschließen, wie z.B. bestimmte (genetische) Erkrankungen oder spezielle Therapiemöglichkeiten (z.B. Goldimplantate).

Man sollte sich also am besten vor Abschluß einer Versicherung Gedanken darüber machen, welche Kosten im Laufe des Tierlebens auf einen zukommen und wahrscheinlich auftauchen. Halte ich beispielsweise einen großen Hund, bei dem die Diagnose HD wahrscheinlich ist, wäre es schade, wenn gerade Kosten im Zusammenhang mit der HD von der Versicherung ausgeschlossen werden.

Natürlich kann man nie komplett vorhersagen, wie sich ein Tier gesundheitlich entwickelt, aber es gibt je nach Rasse oder Mischung eben bestimmte Sachen, die von vornherein eine Rolle spielen können.

Auf diese Versicherungsbedingungen solltest du achten

Wenn du gerade auf der Suche nach einer Tierkrankenversicherung bist oder dich darüber informierst, solltest du ein besonderes Augenmerk auf die folgenden Kriterien legen:

  • welche Leistungen sind versichert und welche Einschränkungen gibt es dafür? (nur OPs, nur Leistungen bis zu einem bestimmten Satz, nur tierärztliche Leistungen oder bspw. auch die Beratungsleistung eines Tierheilpraktikers?)
  • was passiert, wenn du mit deinem Hund im Ausland bist und dort einen Tierarzt benötigst?
  • sind stationäre und/oder ambulante Behandlungen abgedeckt?
  • sind Medikamente abgedeckt (wenn ja, dann evtl. nur in einem bestimmten Rahmen?)
  • sind auch Vorsorgeuntersuchungen abgedeckt?
  • welche Leistungsausschlüsse gibt es?
  • werden Leistungen bezahlt, wie vom Tierarzt berechnet oder pauschal?
  • gibt es eine Tierarzt- oder Tierklinik-Bindung?
  • läuft die Abrechnung direkt über den Tierarzt oder muss der Tierhalter in Vorleistung gehen?
  • sind auch rassespezifische Erkrankungen abgedeckt?
  • gibt es Wartezeiten (einige Versicherungen zahlen erst Leistungen, nachdem man schon einen bestimmten Zeitraum den Versicherungsbeitrag bezahlt hat)
  • gibt es Altersbeschränkungen (Kann man für Tiere ab einem bestimmten Alter überhaupt noch eine Versicherung abschließen? Werden im Alter bestimmte Leistungen nicht mehr oder nicht mehr vollumfänglich gezahlt)?
  • gibt es Rasseausschlüsse? (gibt es Rassen, die per se von der Versicherung nicht aufgenommen werden?)

Ein gründlicher Vergleich der verschiedenen Angebote halte ich für sehr wichtig, um die passende Versicherung für das eigene Tier zu finden, statt sich in falscher Sicherheit zu wähnen und schlussendlich doch hohe Tierarztkosten selbst tragen zu müssen.

Da viele Versicherungen heute online abgeschlossen werden, kann man sich die Versicherungsbedingungen im Vorfeld in Ruhe durchlesen und mittels den oben genannten Kriterien unter die Lupe nehmen. Wenn du bereits eine Tierkrankenversicherung abgeschlossen hast, ohne die Bedingungen vorab zu lesen, kannst (und solltest) du das natürlich ebenso mal in den Unterlagen nachlesen.

Die Alternative ohne Tierkrankenversicherung

Es besteht in Deutschland keine Pflicht, eine Krankenversicherung für sein Tier abzuschließen. Aber auch ohne Versicherung sollte man in der Lage sein, sein Tier angemessen tierärztlich versorgen zu lassen. Sofern man das Geld auch für größere Untersuchungen oder Operationen zur Verfügung hat und regelmäßig Geld dafür zurücklegt, kann auch diese Variante ausreichend sein. Man muss es aber eben auch konsequent tun, denn die Gesundheit des Tieres ist extrem schlecht planbar.

Manchmal zieht ein wildes Spiel unter Hunden schwerwiegende Verletzungen nach sich, manchmal können Diagnosen nur unter dem Einsatz technischer Geräte wie MRT oder CT gesichert werden, manchmal wird ein Tier so krank, dass es Tage oder Wochen stationär in einer Tierklinik untergebracht werden muss… es kann eine Menge passieren und häufig passiert sowas ja leider auch dann, wenn es finanziell so gar nicht passt, weil z.B. die Waschmaschine kaputt ist. Wobei ein krankes oder verletztes Tier ja eigentlich nie wirklich in die Planung „passt“.

Viele Kliniken und auch Tierarztpraxen bieten außerdem die Möglichkeit, größere Summen in Raten zu bezahlen, wenn man die Gesamtsumme nicht im Ganzen stemmen kann. Häufig gibt es dazu sogar externe Dienstleister, mit denen die Tierärzte zusammenarbeiten.

Eine weitere Möglichkeit kostspieligen Tierarztbesuche vorzubeugen bzw. deren Finanzierung zu garantieren wäre es, selbst regelmäßig dafür Geld zurückzulegen. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass man im Krankheitsfall mehr Geld benötigt, als man schon „angespart“ hat. Und natürlich muss man dafür auch konsequent genug sein, um wirklich Geld zurück zu legen und es nicht für anderes auszugeben.

Warum ich keine Tierkrankenversicherung für meine Tiere abgeschlossen habe

Nachdem klar war, dass die Katzen dauerhaft hier bleiben, stellte sich auch mir wieder die Frage nach einer Tierkrankenversicherung. Immerhin weiß ich, was an Tierarztkosten auflaufen kann pro Tier und habe schon in der Vergangenheit nicht wenig Geld bei Tierärzten gelassen, weil ich auch nicht selten die ‘nicht ganz fitten’ Tiere hier aufnehme.

Als Pucky zu mir kam, war das Thema Tierkrankenversicherung noch nicht so geläufig, daher hatte ich auch für sie noch keine Versicherung abgeschlossen. Als der Einzug der Katzen jedoch feststand, entschied ich mich, zumindest Angebote einzuholen.

Bei einem Vergleichsportal machte ich einen ersten Kurz-Check und ließ mir dann von einer namhaften Versicherung ein Angebot machen.

Mit Voll-Schutz hätte ich dort monatlich 61,64€ für jede Katze und 122,11 € für den Hund zahlen müssen; dennoch hätte es noch ein Jahreszahlungsmaximum von 2000 € pro Tier ohne Operationskosten und 3000€ Operationskosten (für Pucky, gedeckelt aber nur bis zum 2fachen Gebührensatzung) sowie 7500 € Operationskosten für die Katzen.

Und ich bin ehrlich: das war mir schlicht zu teuer, dafür dass ich keine Garantie habe, dass die Dinge auch vollständig übernommen werden. Ich lege seit Jahren regelmäßig Geld auf ein Tagesgeldkonto zurück, für ebensolche Dinge wie unerwartete Tierarztrechnungen. Ich habe mich dafür entschieden, das Geld lieber regelmäßig weiter in diesen Notgroschen zu stecken – bisher musste ich diesen glücklicherweise nicht anzapfen.

Der Vorteil an dieser Methode ist: Sollten weiterhin keine hohen Tierarztkosten auf mich zukommen, habe ich am Ende noch das Geld. Sollte mal was sein, kann ich den Notgroschen anzapfen und wenn das nicht ausreicht würde ich tatsächlich entweder eine Ratenzahlung mit dem Tierarzt direkt vereinbaren oder aber einen kleinen Kredit aufnehmen.

Natürlich habe ich mit dieser Methode keine Garantie, dass es finanziell im Fall der Fälle passt – aber diese Garantie sehe ich eben für unseren Fall auch nicht, wenn ich eine Tierkrankenversicherung für alle 3 abschließen würde. Dafür ist das Geld bei der Tierkrankenversicherung nachher auf jeden Fall weg.

In meinem Fall wäre es sogar so, dass ich mit monatlich 250€ Beiträgen für die Tierkrankenversicherung nichts mehr oder deutlich weniger in den Notgroschen legen könnte – da ich auf diesen aber auch in anderen Notfällen (kaputte Waschmaschine etc.) zurückgreifen können möchte, ist das – für mich – die bessere Variante, das Geld zurückzulegen.

Fazit

Es ist also eine sehr individuelle Entscheidung, wie man sich als Tierhalter vor hohen Tierarztkosten am besten schützt. Für meine (Sicherheits-)Bedürfnisse ist eine Tierkrankenversicherung aktuell nicht das richtige Modell. Ich möchte es aber auch niemandem ausreden oder madig machen. Das Ziel sollte in jedem Fall ja dasselbe sein: vorbereitet sein auf hohe oder unerwartete Tierarztkosten, damit die Gesundheit des Tieres nicht an den Finanzen scheitert. Ob das der einzelne Tierhalter aber über eine Tierkrankenversicherung löst oder regelmäßig konsequent Geld zurücklegt (oder so gut situiert ist, dass er auch größere Geldsummen ohne weiteres aus dem Ärmel schüttelt) muss jeder für sich selbst entscheiden.

Nur eines ist definitiv der falsche Weg: sich nicht darüber im Vorfeld zu informieren und Gedanken über das „Was wäre, wenn..“ zu machen.

Und ich werde mit Sicherheit spätestens beim nächsten Tier, das hier einzieht wieder einige Angebote unter die Lupe nehmen.

Hast du eine Tierkrankenversicherung und wenn ja, welche Erfahrungen hast du damit gemacht? Lass mir gern ein Kommentar da.

Deine

Susann

Geschrieben von: Tierservice Fehmarn

30. Januar 2023

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