Als zugezogene Norddeutsche habe ich mich mittlerweile an das Wetter hier gewöhnt und weder im Alltag noch im Bereich der Hundebetreuung sind wir den Witterungsverhältnissen allzu sehr ausgeliefert. Da die Hundebetreuung sowieso im häuslichen Umfeld stattfindet und die Hunde recht frei entscheiden können, ob sie sich lieber drinnen oder draußen aufhalten wollen, bevorzugen die meisten bei schlechtem Wetter sowieso das Spielen oder Dösen im Innenraum.
Anders sieht das Ganze allerdings beim Hundetraining aus. Hier bin ich mit den meisten Kunden und ihren Hunden an der frischen Luft. Ich habe zum einen keine Halle oder ähnliches, um Trainingsstunden ’nach drinnen zu verlagern‘, zum anderen ist es aber auch so, dass die meisten meiner Kunden Probleme mit ihrem Hund haben, die sich draußen, z.B. beim Spaziergang abspielen.
Zu den häufigsten Sorgen der Hundeeltern gehören hier Leinenführigkeit und Grundgehorsam unter Ablenkung durch Außenreize, Jagdverhalten und Leinepöbeln bei Begegnungen mit Hunden, Fahrrädern, Autos oder Menschen. Das alles sind Dinge, die wir nur bedingt in einer abgeschirmten Halle trainieren könnten.
Dabei stellt sich immer mal wieder die Frage nach der Wetterabhängigkeit im Training. Ein Grund das Thema mal näher zu beleuchten.
Wie Hunde das Wetter wahrnehmen
Temperatur
Hunde gehen sehr unterschiedlich mit dem Wetter um. Das hat vor allem mit der Zucht zu tun. Es gibt Hunde, die schon bei Temperaturen unter 18°C beginnen, zu frieren, weil sie z.B. wenig oder gar keine schützende Unterwolle besitzen; während andere Hunde (z.B. die nordischen Hunderassen) sich auch mal einrollen und über Nacht einschneien lassen können, ohne dass sie sich damit unwohl fühlen.
Auf der anderen Seite gibt es Hunde, die bei Temperaturen über 23° tatsächlich Probleme haben (trifft bspw. wieder die nordischen Hunderassen, weil sie viel Unterwolle besitzen), während andere sich bei diesen Temperaturen richtig wohl fühlen.
Hunde können ihre Körpertemperatur schwerer regulieren als wir Menschen. Sie verfügen nur über wenige Schweißdrüsen an den Pfotenballen und der Zunge. Über das Hecheln versuchen sie, die Körpertemperatur zu senken, wenn ihnen zu warm ist. Schwitzen wie wir Menschen es tun, um über die Verdunstung des Schweißfilmes den Körper herunterzukühlen können Hunde in diesem Ausmaß nicht.
Regen
Mit Regen und Wasser ist es ähnlich, wobei hier auch der individuelle Hundecharakter eine Rolle spielt (das Fell spielt mit rein). Meine Hündin bspw. hasst Regen, Pfützen und Wasser allgemein. Ihre Unterwolle saugt sich bedingt durch das wenige bis fehlende Deckhaar schnell mit Wasser voll und lässt es unangenehm schwer und nass auf der Haut werden. Andere Hunde mit mehr wasserabweisenden Deckhaar haben wenig Probleme mit Regen und schwimmen auch super gern. Aber auch hier gibt es Hunde, die Wasser einfach nicht mögen.
Wind und Sturm
Auch Wind und Sturm können unsere Hunde im Training beeinflussen, wenn sie zum Beispiel sehr empfindlich oder unsicher gegenüber Geräuschen sind. Wenn es für uns als Mensch schon laut klingt, wenn der Sturm um die Hauswände weht, wie mag sich das dann für den Hund anfühlen?
Wenn sich unsere Hunde also aufgrund des Wetters nicht wohl fühlen, macht ein Training häufig keinen Sinn; denn wenn ein Hund damit beschäftigt ist, seine Körpertemperatur zu regulieren, fällt es ihm schwer, sich auf Sitz, Platz und Männchen zu konzentrieren. Sofern ich ein körperlich anstrengendes Training durchführe, kann sich der Zustand für den Hund sogar noch verschlimmern.
Hunde können sich auch aufgrund des Wetters anders verhalten, als ’normal‘. Unter Umständen zieht ein Hund nicht mehr an der Leine, weil es regnet oder heiß ist – einfach weil er gar keine Lust auf den Spaziergang hat.
Der Mensch spielt auch eine Rolle
Aber auch der Mensch spielt eine wichtige Rolle beim Hundetraining. Hierbei ist nicht nur der Hundehalter sondern auch meine Person als Trainer den Wetterverhältnissen ausgesetzt. Und auch, wenn wir Menschen uns wettergerecht kleiden können und sollten, muss man hier einfach Grenzen setzen, denn auch die beste Kleidung hält nicht ewig dicht. Deswegen bin ich in den letzten Jahren dazu übergegangen, bei bestimmten Wetterverhältnissen Trainingstermine abzusagen.
Das ist manchmal für den Hundehalter nicht schön und bedeutet für mich auch mal kurzfristigen Umsatzausfall; lässt sich aber nicht ändern. Und bisher haben eigentlich auch alle Hundehalter Verständnis dafür gezeigt oder waren sogar froh, wenn der Termin verschoben wurde. Denn auch der Hundehalter muss sich wohl fühlen, um sich konzentrieren zu können und aufnehmen zu können, was ich erzähle oder umzusetzen, was ich sage. Klappert der Hundehalter selbst vor Kälte mit den Zähnen oder spürt die Leine in der Hand nicht mehr, wird das Training bei diesem Termin im besten Fall ohne Fortschritt enden.
Was viele leider nicht bedenken ist, dass ich als Trainer dem Wetter z.T. mehrere Stunden täglich ausgesetzt bin während das einzelne Hunde-Halter-Team nach einer knappen Stunde durch ist mit dem Termin und sich wieder ins Trockene und Warme verkrümeln (oder analog dazu mit einem Eis in den Garten) kann. Je länger ich allerdings z.B. bei Wind durchnässt draußen unterwegs bin (oder eben auch bei großer Hitze in der prallen Sonne), desto größer ist die Gefahr, dass ich mir gesundheitlich schade. Und auch die beste Outdoor-Kleidung reicht irgendwann nicht mehr aus und man hat kalte Füße. Und vor, nach und ggf. auch zwischen den Trainingsterminen müssen auch noch die Betreuungshunde bei jedem Wetter ihre Runden drehen.
In Zeiten von Corona ist das doppelt schwierig und unter Umständen würde es sich schlimmstenfalls auch auf die Hundebetreuung auswirken, weil ich dort nicht im selben Maße einsatzfähig wäre, als wenn ich gesund bin. Ich muss aber fit sein, um die Hundegruppe durch den Tag begleiten zu können, erkennen zu können, wenn es Konflikte zu klären gibt und ‚klar‘ genug sein, das dann auch regeln zu können. Das wäre deutlich schwieriger, wenn ich Fieber oder andere Erkältungssymptome hätte. Ich muss ‚wach‘ genug sein, um zu sehen, wenn ein Hund in der Betreuung im Hochsommer stark unter der Hitze leidet und Gegenmaßnahmen ergreifen, damit es nicht zu ernsthaft bedrohlichen Situationen wie einem Hitzschlag kommt.
Falle ich aus oder bin durch gesundheitliche Probleme nicht richtig klar im Kopf, könnte das ernsthafte Konsequenzen bedeuten. Und schlussendlich würde das auch ggf. längere finanzielle Einbußen für mich nach sich ziehen.
Damit du als Hundehalter direkt weißt, wo sich die ‚Wettergrenzen‘ des Hundetrainings bei mir befinden, versuche ich es jetzt mal aufzulisten.
Die Kalte Jahreszeit
Was das Temperatur-Empfinden angeht, ticken viele Menschen unterschiedlich. Manche mögen es eher warm, manche lieber kalt. Würde es nur um die Temperatur gehen, ist auch das Training bei Werten um die 0°C oft problemlos möglich. Zumindest dann, wenn es generell trocken und windstill ist und/oder die Sonne scheint.
Problematisch wird es, wenn zu den kalten Temperaturen noch Regen und Wind dazu kommen, denn gerade nasse Kälte ist nicht nur unangenehm sondern führt fast unweigerlich zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Menschen (und auch Hunde können sich erkälten). Befinden wir uns also in der kalten Jahreszeit und es regnet (egal ob leicht oder Platzregen), fällt das Training aus.
Die warme Jahreszeit
Ab etwa 25-28°C (im Schatten) Umgebungstemperatur wird es für Hunde schwer, die Körpertemperatur zu regulieren. Daher ist es für den Hund bei solchen Temperaturen schwer, die von uns verlangten Übungen zu zeigen und auch wir Menschen können uns bei hohen Temperaturen nicht gut konzentrieren.
Hier auf der Insel haben wir durch die umgebende Ostsee selten solch hohe Temperaturen; was wir aber durchaus mal haben und auch nicht zu verachten ist, ist eine starke Sonneneinstrahlung. Das Training passe ich dann entsprechend an, wir machen einen Ausflug an den Strand; besuchen eine Eisdiele oder treffen uns auch mal für ein Theorie-Picknick an einer schattigen Stelle im Park. Der durch die Insellage eigentlich meistens wenigstens etwas wehende Wind spielt uns dabei auch gut in die Hände.
Es kommt im Sommer darauf an, was trainiert werden soll: ich werde beispielsweise im Sommer bei 27°C nicht mit Hunden durch die Stadt laufen (heißer Asphalt) oder von ihnen sportliche Übungen abverlangen. Ich kann sie aber durchaus mal auf einen größeren Stein klettern oder unter einer Parkbank durchlaufen lassen. In der Regel gestalte ich das Training aber so, dass es dennoch stattfinden kann.
Bei starkem Regen und Gewitter fällt das Training im Sommer allerdings aus; auch hier geht es wieder um den Selbstschutz.
Wind und Sturm im gesamten Jahr
Der eigentliche Grund für diesen Beitrag ist die Absage des kompletten Trainings am letzten Wochenende. Starke Stürme fegten über Schleswig-Holstein und auch Fehmarn. Eigentlich sollte am Sonntag der Basiskurs starten, doch schon am Freitag vorher war zu erahnen, dass daraus wohl nichts wird. Daher habe ich auch schon am Freitag und Samstag mit den angemeldeten Teilnehmern Rücksprache gehalten und die erste Stunde kurzerhand um eine komplette Woche verschoben.
Bei Sturm ist sicherlich der wichtigste Punkt die Sicherheit aller Beteiligten. Wenn sich durch Wind und Sturm Äste oder Dachziegel lösen, stellt das eine reale Verletzungsgefahr für alle dar. Wenn der Kunde im Auto auf dem Weg zum oder vom Training von einem umstürzenden Baum getroffen wird, ist das auch wenig zielführend. Wenn die Wetterwarnungen und/oder Ämter davor warnen, unnötig lang das Haus zu verlassen; dann sollte das auch für den Hundespaziergang gelten. Aus diesem Grund sage ich bei Sturm das Training ab. Auch hier zeigen sich aber die meisten Hundehalter verständig und selbst erleichtert.
Ein Nebenpunkt ist, dass man sich bei Wind und Sturm auch untereinander schlecht versteht und schreien muss, um verstanden zu werden. Gerade Hunde, die eine feine Kommunikation benötigen, sind häufig über dieses Verhalten irritiert, insbesondere, wenn dann noch unsere Körpersprache etwas anderes aussagt.
Gibt es also eine amtliche Warnung wegen Sturm oder Wind, findet kein Training statt.
Gruppen, Kurse und Einzeltraining
Das alles gilt in erster Linie für die Gruppen und Kurse. Beim Einzeltraining kommt es stark auf das vorliegende Problem an. Habe ich ein Hund, der innerhalb des eigenen Haushaltes Problemverhalten zeigt, kann ich den Termin theoretisch auch als Hausbesuch abhalten. Hier gibt’s dann nur die Voraussetzung, dass ich selbst zum Kunden fahren kann (s. Sturm). Habe ich im Einzeltraining aber ein Problem, welches draußen geübt werden muss (z.B. Hundebegegnungen), macht das bei widrigen Wetterverhältnissen auch wenig Sinn, weil wir bspw. wenig andere Hundehalter treffen werden.
Beim Einzeltraining ist es also eine sehr individuelle Entscheidung, ob bei den Wetterverhältnissen, bei denen die Gruppen und Kurse schon ausfallen noch trainiert werden kann.
Wenn gar nichts mehr geht
Wenn wetterbedingt nichts mehr geht, das Training oder Problem allerdings keinen Aufschub duldet, gibt es bei mir mittlerweile auch die Möglichkeit der Online- bzw. Telefonbetreuung. Dabei treffe ich mich online mit meinem Kunden und wir besprechen die Probleme und die nächsten Trainings- bzw. Verhaltensmaßnahmen. Idealerweise hat der Kunde ein paar Videos des problematischen Verhaltens, die er mir vorab zukommen lässt oder im Meeting zeigen kann. Das ist wichtig, um das Problem gut erfassen zu können und entsprechende Lösungsstrategien zu erarbeiten.
Es geht zwar nicht über eine direkte Vor-Ort-Betreuung, aber nach 2 Jahren Corona, ist das in dringenden Fällen durchaus eine gute Möglichkeit geworden.
Ein weiteres Corona-Problem
Bei meiner Entscheidung, ob ich ein Training absage oder nicht, blicke ich auf den Wetterbericht. Hierfür nutze ich vor allem die Webseite und App von wetter.com. Wetterberichte und -Prognosen stützen sich auf Messdaten, die auf vielfältigen Wegen erhoben werden. Ein nicht unwesentlicher Bestandteil dieser Messungen werden durch den Flugverkehr, also z.B. Sensoren an Flugzeugen übermittelt. Durch den eingeschränkten Flugverkehr (dank Corona) gibt es aber immer noch Datenlücken, die dazu führen, dass die Wettermeldungen zum Teil ungenau werden. Und so kann es passieren, dass ich ein Training am Folgetag oder nachmittags absage und zum Trainingszeitraum bestes Wetter herrscht. Das ist für mich dann doppelt ärgerlich, aber irgendwann muss ich entscheiden, ob ein Training stattfinden kann oder nicht.
Wann ich mich für die Absage eines Trainings entscheide, hängt vom organisatorischen Aufwand und den Wetterprognosen ab. Den Basiskurs letzten Sonntag konnte ich bereits am Freitag vorher guten Gewissens absagen und so hatten die Teilnehmer genug Zeit, zwischen der Alternative Online-Meeting und Verschiebung um eine Woche zu entscheiden. Heute habe ich dafür ein Einzeltraining gerade einmal 2 Stunden vor dem Termin abgesagt; bis dahin hatte ich gehofft, dass sich das Wetter soweit einpendelt, dass man 45-60 Minuten mit dem Hund draußen verbringen kann. Nun muss der Wauzi nochmal eine Woche Geduld haben und die Halter bekommen bei Bedarf telefonische Unterstützung.
Du siehst, Wetter ist ein nicht kleines Thema im Hundetraining und es ist gar nicht so einfach, klar festzulegen, unter welchen Bedingungen welches Training stattfindet und sinnvoll ist und an welcher Stelle die gesundheitlichen Risiken für Hund und Halter, aber auch für mich zu groß sind und ein Training daher keinen Sinn macht.
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