In letzter Zeit erhalte ich vermehrt Fragen zur sogenannten „Hunde-Malaria“. Was vor einigen Jahren noch überhaupt keine Rolle spielte, rückt nun aufgrund des Klimawandels auch hier in Norddeutschland immer mehr in den Fokus. Viele Geschichten kursieren im Internet und der Presse und viele Hundehalter sind verunsichert, weil sie nicht wissen, wie und ob sie ihren Hund aktiv schützen können oder müssen. Daher möchte ich das Thema in diesem Artikel einmal beleuchten und verständlich erklären. Los geht’s.
Was ist Hunde-Malaria (Babesiose)?
Hunde-Malaria ist die aktuell gern genutzte Bezeichnung für die Erkrankung Babesiose. Bei der Babesiose handelt es sich eigentlich um eine der sogenannten typischen Mittelmeer-Erkrankungen bei Hunden; weil sie vorwiegend in wärmeren Gegenden wie der Mittelmeerregion auftritt bzw. dort übertragen wird. Entsprechend war es eigentlich lange Zeit vor allem relevant für Hunde, die aus diesen Regionen nach Deutschland eingeführt wurden.
Als Überträger fungieren in der Regel verschiedene Zeckenarten, die die Babesien (Erreger) auf Tiere oder Menschen übertragen. Eine direkte Übertragung zwischen Tieren und/oder Menschen ist nicht komplett ausgeschlossen, müsste aber über eine Art Blutaustausch von statten gehen. Menschen, die an Babesiose erkrankt sind, sind daher auch von Blutspenden ausgeschlossen.
Aufgrund der Klimaerwärmung wird es aber auch in (Nord-)Deutschland im Sommer immer wärmer und die Winter werden immer milder. Das führt dazu, dass sich Parasiten wie Mücken und Zecken, die sich bisher im Mittelmeerraum aufhielten, auch immer weiter nördlich wohlfühlen und ausbreiten. Und mit diesen Parasiten kommen auch Erkrankungen aus dem Mittelmeerraum nicht mehr nur dort vor. Eine Übertragung der Hunde-Malaria (Babesiose) von Hund zu Hund ist sehr unwahrscheinlich (wenn auch nicht unmöglich); die Übertragung über Zecken wird die deutlich größere Rolle spielen.
Symptome der Hunde-Malaria
Direkt nach einem Zeckenbiss sind noch keine Symptome erkennbar, da die Inkubationszeit von Babesiose 1-3 Wochen ist. Das bedeutet, dass sich erst 1-3 Wochen nach der Infektion durch einen Zeckenbiss Symptome zeigen. Trotzdem spricht man beim Auftreten der Symptome nach 1-3 Wochen von einer akuten Babesiose.
Symptomatisch zeigt sich die Babesiose beim Hund durch Apathie und Mattigkeit; fehlendem Appetit, Konditions- und Gewichtsverlust und Fieber. Wenige Stunden bis 2 Tage später kommt es zu einer Anämie („Blutarmut“), dem Ausscheiden von rötlichem bis dunkelbraunem Urin und einer leichten Gelbfärbung der Schleimhäute. Ist das zentrale Nervensystem betroffen, können epileptische Anfälle und andere neurologische Symptome auftreten. Außerdem kommt es in einigen Fällen zu Flüssigkeitsansammlungen im Körper (insbesondere in der Bauchhöhle), was zu diversen Entzündungen der Organe führen kann; auch Atemnot wird dann häufig beobachtet.
Wichtig: Während die ersten Symptome wie Mattigkeit, fehlender Appetit und etwas Fieber noch recht unspezifisch sind, sollte man spätestens beim Eintreten der genannten weiteren Symptome umgehend einen Tierarzt konsultieren und diesen auch über den vorangegangenen Zeckenbiss informieren. Wird in dieser Phase nicht sofort mit der richtigen Behandlung begonnen, kann das Tier einen lebensgefährlichen Kreislaufschock, schwere Nierenschäden oder Multiorganversagen erleiden; was für den Hund tödlich enden kann.
Selten gibt es Fälle, die diese Symptome nicht aufweisen; aber dennoch innerhalb von 1-2 Tagen an einem hypovolämischen Schock oder Lungenversagen versterben.
Hunde, die eine akute Babesiose überlebt haben; haben danach nicht selten einen chronischen Verlauf – hierbei kommt es in unregelmäßigen Abständen zum Auftreten von Fieberschüben, einer allgemeinen Schwäche und Abmagerung und einer Anämie, diese erholt sich aber in der Regel nach einigen Monaten wieder.
Diagnostik und Differentialdiagnosen
Die Feststellung einer Babesiose-Erkrankung erfolgt über eine Blutentnahme, bei der gezielt nach dem Vorhandensein von Babesien in den Blutzellen gesucht wird. Theoretisch ist auch der Nachweis von Antikörpern möglich, dies jedoch erst 1-2 Wochen nachdem die Krankheit im Körper ist. Aufgrund der raschen Verschlechterung der Symptome und schlechter Prognose bei Nicht-Behandlung macht das aber im Falle einer akuten Infektion meist keinen Sinn. Genutzt werden kann der Nachweis von Antikörpern jedoch für die Überprüfung des Impfstatus.
Für die Behandlung ist der Nachweis einer Babesiose entscheidend, denn es gibt noch weitere Erkrankungen, die ähnliche Symptome aufweisen aber anders behandelt werden müssen, wie zum Beispiel Ehrlichiose, Leptospirose, Anaplasmose oder auch Vergiftungen.
Behandlung & Prognose
Akute Fälle von Babesiose gelten als lebensbedrohliche Notfälle und müssen schnellstens behandelt werden. Neben der Behandlung der akuten Symptome wie der Anämie durch Bluttransfusionen werden Hunde mit Medikamenten wie Imidocarb behandelt. Dieses Medikament muss injiziert werden und tötet die Babesien in den Blutzellen der Hunde ab. Je schneller der Hund das Medikament bekommt, desto schneller kann er sich von der Infektion erholen. Bei einer erfolgreichen Behandlung ist der Hund innerhalb weniger Tage wieder fit.
Wenn du mehr über die Notfallversorgung für Tiere auf Fehmarn und allgemeines Wissen rund um Notfälle beim Tier suchst, liest einmal diesen Blogartikel.
Vorbeugung gegen Hunde-Malaria
Da die Hunde-Malaria (Babesiose) vornehmlich durch Zecken übertragen wird, ist hier auch der beste Ansatz – auch weil Zecken eben nicht nur diese Krankheit sondern auch viele andere Krankheiten übertragen können. Meiner Erfahrung nach bevorzugen Zecken und andere Parasiten Tiere, deren Immunsystem angegriffen ist oder nicht gut funktioniert, weil zum Beispiel nicht alle Nährstoffe aufgenommen werden können.
Ich persönlich habe den Verdacht, dass auch die Fütterung eine Rolle spielt: Pucky bekommt z.B. ein gutes hochwertiges Futter und hat in den letzten 5 Jahren vielleicht 1 Zecke gehabt. In der Hundebetreuung sammeln wir meistens bei den Hunden Zecken ab, die ein nicht so hochwertiges Futter bekommen – das ist aber eine reine Spekulation von mir, möglicherweise ist das auch ein Zufall.
Achtung: Man geht davon aus, dass die Erreger für Babesiose erst einige Stunden nach dem Zeckenbiss übertragen werden (das ist übrigens häufig so bei Erkrankungen die über die Zecken übertragen werden, weil die Parasiten über den Speichel der Zecke abgegeben werden – dieser wird aber meist erst einige Stunden nach dem Biss von der Zecke abgesondert. Ein frühes Absammeln auch festgebissener Zecken, kann hier also sehr vorteilhaft sein.
So oder so, Zeckenschutz ist wohl das wichtigste und machtvollste Werkzeug, was uns hier zur Verfügung steht. Zum Zeckenschutz gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, bei einem Hund funktionieren Futterzusätze oder ein Zeckenhalsband besser, beim anderen muss es die Chemiekeule vom Tierarzt sein, beim Dritten reicht die Kontrolle auf Zecken nach dem Spaziergang aus – hier gibt es viele verschiedene Wege und alles davon hat sicherlich Vor- und Nachteile – aber darum soll es in diesem Artikel gar nicht gehen.
Halten wir also einfach mal fest: Zeckenschutz ist eine, wenn nicht die wirksamste Maßnahme in der Vorbeugung von Babesiose und anderen von Zecken übertragenen Krankheiten.
Es gibt darüber Hinaus mittlerweile eine Impfung gegen Babesiose, die auch von Tierärzten beworben wird (z.B. Nobivac Piro oder Piro Dog). Allerdings gehört diese Impfung nicht zu den Standard-Impfungen wie bspw. die Tollwut-Impfung oder die Impfung gegen Leptospirose.
Das „Problem“ an der Impfung gegen Babesiose ist, dass sie einerseits nicht komplett vor einer Infektion schützt (sondern eher vor einem schweren Verlauf) und dass sie zum anderen auch nicht gegen alle Stämme der Babesien wirkt. Daher ist es auch nicht in allen Fällen sinnvoll, den Hund gegen Babesiose impfen zu lassen. Empfohlen wird es für Hunde, die in Gebieten leben bzw. Urlaub machen, in denen sich viele Zecken aufhalten.
Persönliche Einschätzung und regionale Besonderheiten
Tatsächlich gab es auch schon in Ostholstein Fälle von Babesiose – von Fehmarn direkt ist mir zwar nichts bekannt, aber ich bekomme ja hier auch nicht alles mit. Wenn mich meine Kunden fragen, ob ich Pucky gegen Babesien impfen lasse, sage ich ‚Aktuell nicht‘ – weil sie eben seltenst mal eine Zecke einsammelt und der Übertragungsweg von Hund zu Hund über das Blut passieren müsste; wofür ich die Chance auch als recht gering einstufe.
Das bedeutet allerdings nicht, dass ich die Impfung per se ablehne; ich rate aber jedem Hundehalter dazu, für sich selbst bzw. für den eigenen Hund abzuwägen, ob die Impfung Sinn macht oder nicht.
Daher fällt es mir hier auch sehr schwer eine allgemeingültige Empfehlung für oder gegen die Impfung auszusprechen. Hast du einen wandelnden Zeckensammler als Hund und auch schon häufiger Zecken nicht direkt bemerkt und entfernen können, macht es evtl. Sinn zu impfen – aber mit dem Bewusstsein, dass die Impfung halt nicht vor der eigentlichen Infektion schützt, sondern lediglich den Verlauf abmildert.
Warum Prävention und frühzeitige Tierarztbesuche wichtig sind – mein Fazit
Die Babesiose bzw. Hunde-Malaria wird uns wohl weiterhin auch hier in Norddeutschland in der Presse und beim Tierarzt begegnen und ja, wahrscheinlich werden die Fallzahlen steigen.
Da es aber nur eine geringe Gefahr gibt, dass die Erkrankung von Hund zu Hund übertragen wird und Zecken auch noch andere Krankheiten übertragen (deren Therapie dann vielleicht auch verzögert angefangen wird, weil man sich durch die Impfung gegen Babesiose vielleicht in falscher Sicherheit wiegt) ist es nicht in allen Fällen sinnvoll, dagegen zu impfen.
Als sinnvoller erachte ich es, wenn der Hund nach dem Spaziergang nach Zecken abgesucht wird und bei Auftreten von obigen Symptomen den Tierarzt zu kontaktieren; das aber dafür direkt und nicht erst, wenn sich der Zustand verschlechtert. Hier gilt für mich, lieber einmal zu viel prüfen, als einmal zu wenig.
In diesem Sinne hoffe ich, euch mit diesem Artikel ein wenig Einblick in das Thema Hunde-Malaria bzw. Babesiose gegeben zu haben und vielleicht auch eine kleine Entscheidungshilfe gegeben zu haben bei der Frage nach Impfung oder keiner Impfung.
Schreibt mir gern ein Kommentar, wie ihr über die Sache denkt und ob ihr euren Hund vielleicht geimpft habt oder ob euer Hund vielleicht sogar schon erkrankt war.
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