Das Pica-Syndrom

Vor kurzem stieß ich zufällig in einer Facebook-Gruppe auf die Frage einer Dame, deren Kater scheinbar an großen Verhaltensproblemen litt. Er fraß in verschiedenste Textilien Löcher und benuckelte alles, als wäre er noch ein kleines Kitten und kein 8 Monate alter Jungkater. Zusätzlich verhält sich der Kater extrem menschenbezogen und schaut sich sogar menschliche Verhaltensweisen ab, um sie dann zu kopieren. Seine Besitzerin war verzweifelt, da nirgends etwas herumliegen durfte, ohne dass sich der Kater daran vergriff und Löcher reinfraß.

Bei der Problembeschreibung stellten sich mir schon die Nackenhaare auf weil mir besonders das Nuckeln und Löcher fressen selbst noch sehr bekannt waren. Unser Francis zeigte ein ganz ähnliches Verhalten und später wurde bei ihm das sogenannten Pica-Syndrom diagnostiziert.

Dabei handelt es sich um eine Verhaltensstörung, die zum Beknabbern und Fressen von eigentlich unverdaulichen Materialien führt, jedoch ist die Krankheit nicht sonderlich bekannt.

Ich unterhielt mich dann eine ganze Weile mit der Katzenbesitzerin und während des Gespräches kristallisierte sich immer mehr heraus, dass es zumindest eine mögliche Erklärung des Verhaltens ihres Katers sein könnte. Sie war völlig aufgelöst und mit den Nerven am Ende, doch im Laufe des Gespräches konnte ich ihr ein bisschen Mut geben, ihren Tierarzt gezielt dazu zu befragen und wenn es denn Pica sein sollte, den Weg gemeinsam mit ihrem Kater zu gehen.

Pica ist eine noch weitgehend unerforschte Erkrankung, die jedoch zu ernsten Schäden führen kann, wenn die Katze beispielsweise vermehrt unverdauliche Materialien frisst, dann besteht zum Beispiel die Gefahr eines Darmverschlusses. Welche Vorlieben die Katze entwickelt ist höchst unterschiedlich. Viele belassen es bei der Vorstufe von Pica, dem sogenannten Wollesaugen. Andere fressen Löcher in Textilien. Schlimmere Fälle, so wie Francis es war machen auch vor solchen Sachen wie Kunststofftüten oder gar Laminat nicht halt.

Die Ursache der Erkrankung wird zum einen genetisch bedingt sein, da vor allem orientalische Rassen und deren Mixe betroffen sind. Andererseits trifft es häufig aber auch zu früh abgesetzte Katzenwelpen, die ihren Saugtrieb nicht ausreichend befriedigen konnten.

Man kann diese Erkrankung ein wenig mit einer Essstörung vergleichen, denn auch hier wird das Verhalten durch Stress verstärkt. Dadurch kommt man sehr schnell in einen Teufelskreis mit seinem Tier, wenn man nicht weiß, dass es sich bei dem Verhalten um eine Krankheit handelt. Bei Francis war das zum Beispiel so. Er fraß Tüten, ich schimpfte, er fraß umso intensiver….furchtbar. Erleichterung brachte erst die Diagnose Pica. Zwar gibt es bisher keine komplette Heilung, aber man kann mittels einem Pheromon-Stecker das Wohlbefinden der Katze erhöhen und mit viel Beschäftigung kann man der Frustration vorbeugen. Für sehr schwierige Fälle gibt es auch die Möglichkeit einer Behandlung mittels Psychopharmaka, aber bei vielen reicht es, einfach ein wenig die Einstellung und Lebensumstände zu ändern.

Es ist nur traurig, dass so viele Tiere wegen vermeintlich böswilligem Fehlverhalten abgegeben, ausgesetzt oder gar eingeschläfert werden, ohne wirklich die Ursache zu erfragen.

Der Katzenbesitzerin jedenfalls gab es ein gutes Gefühl, zu wissen, dass ihr Kater das Verhalten wohl nicht aus Böswilligkeit zeigt und ich hoffe sie hat einen Tierarzt, der sie demnächst kompetent zu dem Thema beraten kann.

Geschrieben von: Tierservice Fehmarn

18. Januar 2015

[erechtshare]

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Sie auch interessieren