Das „Werwolf“-Syndrom

Habt ihr schon vom sogenannten „Werwolf-Syndrom“ gehört?

Vor einigen Monaten las ich die erste Meldung zu einem Hund, der starke Verhaltensauffälligkeiten zeigte, deren Ursache zum damaligen Zeitpunkt noch völlig im Unklaren lagen; mittlerweile haben sich die Fälle in ganz Deutschland stark gehäuft.

Die betroffenen Hunde zeigen neurologische Ausfallerscheinungen, erkennen zum Teil ihre Besitzer und die bekannte Umgebung nicht mehr richtig, zittern, winseln, jaulen und sind stark verängstigt und verunsichert. Auch von epileptischen Anfällen im weiteren Verlauf ist an einigen Stellen die Rede. Weil die Hunde sich im Wesen komplett verändert haben, gab man dem Ganzen den Titel „Werwolf-Syndrom“.  Und auch, wenn die Ursache noch nicht restlos geklärt ist, möchte ich hier einmal auf die Problematik hinweisen.

Historie zum Werwolf-Syndrom

Seit Mitte 2024 häufen sich die Fälle des sogenannten Werwolf-Syndroms bei Hunden deutschlandweit. Zwar habe ich das Phänomen noch nicht in meinem persönlichem Umfeld gehabt bzw. ‚live‘ erlebt, aber die TiHo Hannover berichtet von Fällen seit dem August 2024. Weil die Ursache der Erkrankung unklar war, hat die TiHo einen Fragebogen entwickelt und diesen von Betroffenen, aber auch von nicht Betroffenen Hundehaltern ausfüllen lassen. (Der Fragebogen ist hier online abruf- und ausfüllbar.) Das Ziel eines solchen Fragebogens ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu finden. Wenn beispielsweise bei allen Betroffenen ein bestimmtes Medikament vor der Erkrankung gegeben wurde, könnte das ein Hinweis sein; muss es aber nicht, da dann immer noch der zeitliche Zusammenhang zu prüfen ist.

Da unsere Hunde einer Vielzahl von äußeren und inneren Einflüssen ausgesetzt sind, erfordert es einiges an Detektivarbeit, die Ursache für ein Verhalten oder Symptome zu eruieren – das kann man meist auch auf die Arbeit mit schwierigen Hunden bzw. Hunden mit problematischem Verhalten beobachten. Im Unterschied zum Hundetraining, habe ich in der (Tier-)Medizin aber umso bessere Chancen auf eine Heilung bzw. erfolgreiche Behandlung der Symptome, wenn ich die Ursache kenne und beheben kann. Bei reinen Verhaltensgeschichten wissen die Besitzer sogar häufig nicht, warum der Hund dieses oder jenes Verhalten zeigt und man kann auch in diesen Fällen über verschiedene Wege Erfolge erzielen.

Aber bei Krankheit muss ich die Ursache kennen, um ein passendes Gegenmittel zu geben und damit die Schädigungen umzukehren oder aufhalten zu können. Tritt aber eine neue, unbekannte Erkrankung auf, ist das nicht so einfach umzusetzen. Bei Tieren kommt erschwerend dazu, dass sie im Gegensatz zum Menschen nicht sagen können, wo und welche Schmerzen sie haben; ob ihnen Übel oder schwindlig ist, was sie gefressen haben oder womit sie gespielt haben. Auch der Tierarzt hat hier nur begrenzte Möglichkeiten, Dinge herauszufinden und ist auf die Mithilfe der Besitzer angewiesen. Und dann bleibt einem als Tierarzt lediglich die Möglichkeit, das Tier symptomatisch zu behandeln. Das bedeutet, dass ich bspw. einem fieberndem Hund ein Medikament geben kann, dass das Fieber senkt; damit ist aber noch nicht der Auslöser für das Fieber (z.B. eine tiefergehende Entzündung o.ä.) behandelt. Eine symptomatische Behandlung ist natürlich besser als nichts und unterstützt auch häufig die Heilung; aber eben nicht immer.

Zurück zum Thema Werwolf-Syndrom

Im Laufe der Zeit äußerten sich immer mehr Tierärzte mit dem Verdacht, dass es sich um eine Art Vergiftung handeln könnte und tatsächlich scheint sich das nun zu bestätigen. Dank des Fragebogens und der Gespräche mit den Patientenbesitzern kristallisierte sich nämlich in den letzten Wochen immer mehr heraus, dass die betroffenen Hunde vorher bestimmte Kauartikel gefressen hatten, die in China produziert wurden.

Der Verdacht, dass es an solchen Kauknochen liegen könnte, scheint sich aktuell zu erhärten und mittlerweile werden auch in einigen Ländern (z.B. Finnland, Dänemark, Niederlande) Warnungen vor verschiedenen Produkten des Herstellers „Barkoo“ und „Chrisco“ ausgesprochen. Zumindest die Produkte von Barkoo können auch im deutschen Handel erhältlich sein; werden aber auch in einigen Online-Shops für Tierbedarf angeboten. Es ist aktuell noch unklar, was genau in diesen Knochen die Symptomatik auslöst und auch ob auch Produkte anderer Hersteller betroffen sind; weswegen man eben auch noch nicht von einer hundertprozentigen Sicherheit sprechen kann. Aktuell wird aber explizit vor der Verfütterung dieser Produkte gewarnt. Hergestellt werden diese Produkte in China, Thailand und Indien; dort könnten Chemikalien in die Produkte gelangt sein, die bei einer Aufnahme über das Futter zu solchen Symptomen führen könnten. Leider sind die Hersteller nicht ganz freigiebig mit ihren Informationen bzgl. der genauen Herstellung, so dass die Labore sich hier selbst bemühen müssen.

Ich empfehle daher allen Hundehaltern, Vorsicht walten zu lassen bei der Fütterung von Kauknochen, welche in China, Indien oder Thailand produziert wurden. Das Herstellunngsland wird regulär auf den Verpackungen mit angegeben und kann so vom Käufer geprüft werden.

Sollte ein Hundehalter (unabhängig davon, ob er ein entsprechendes Produkt verfüttert hat oder nicht) beim eigenen Hund Symptome wie beschrieben einstellen, sollte schnellstmöglich ein Tierarzt; am besten ein Tierarzt mit neurologischer Fachrichtung aufgesucht werden.

Und wer als Hundehalter die Forschung zum Thema unterstützen möchte, dem sein das Ausfüllen des Fragebogens der TiHo ans Herz gelegt.

Da mein Hund aufgrund ihrer ganzen Futtermittelunverträglichkeiten sowieso ein sehr begrenztes Futterspektrum hat, füttere ich generell nur selten und nur bestimmte Knabberartikel; daher betrifft es uns aktuell selbst nicht; und ich hoffe, dass auch alle Kundenhunde davon verschont bleiben. Seid ein bisschen vorsichtig, wenn ihr Knabberartikel verfüttert.

Bleibt gesund und passt gut auf eure Fellnasen auf.

Geschrieben von: Tierservice Fehmarn

8. Januar 2025

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1 Kommentar

  1. Herzlichen Dank für diesen informativen Beitrag und dem Formular zu Unterstützung der Erforschung zu dem Werwolf Syndrom. Leider gibt es aufgrund der noch nicht ausreichend vorliegenden wissenschaftlichen Belegen zu wenig fundierte Informationen und Aufklärung. Dieser Beitrag war mir ein sehr gut zusammengefasster Status mit den erforderlichen Informationen und Hintergrundwissen.

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