10 Jahre Tierservice Fehmarn

Ich unterbreche mal die aktuelle Blogreihe, weil ich eigentlich jedes Jahr um den Jahreswechsel herum auf das vergangene Jahr zurückblicke. Aber das Jahr 2020 war ein Besonderes, und zwar nicht nur Corona-bedingt. Ganz heimlich, still und Corona-konform leise hat der Tierservice Fehmarn nämlich seinen 10. Geburtstag gefeiert. Und da das letzte Jahr nicht gerade das tollste war, blicke ich statt dessen mal auf die letzten 10 Jahre zurück.

Der Weg vor dem Start

Seit ich denken kann, wollte ich schon immer mit Tieren arbeiten. Als kleines Mädchen hatte ich den typischen Traum Tierärztin zu werden (heute bin ich froh, dass daraus nichts geworden ist). Seit meinem 14. Lebensjahr begleitete mich mein Hund Buddy. Gewissermaßen hat Buddy auch den Grundstein für den Tierservice gelegt, denn so toll Buddy auch war, er hatte ein Problem: Er litt an einer extremen Trennungsangst. Er jammerte stundenlang, wenn ich in der Schule oder später auf Arbeit war. War ich verreist, stellte er für die Zeit das Fressen komplett ein. Eine Trennung von mir war für ihn immer der absolute Horror. Da es nach meinem Schulabschluss kaum Ausbildungsplätze als Tierarzthelferin in meiner Heimatstadt Dresden gab, bin ich statt dessen nach einigem Hin und Her in einer Ausbildung als Arzthelferin (heute sagt man dazu Medizinische Fachangestellte oder kurz MFA) gelandet und habe diese auch nach 3 Jahren abgeschlossen. Ich blieb noch einige Jahre in meiner Ausbildungspraxis, aber mir fehlte dort die weitere Alternative.

Im Jahr 2007 fand ich eine Vollzeitstelle in einer Hausarztpraxis in Ostholstein und packte meine Sachen. Buddy kam natürlich mit. Die Idee einer Hundebetreuung blieb in meinem Kopf, immerhin hatte ich ja den Hund, der davon profitieren würde, immer vor Augen. Da ich nach einem Arbeitgeberwechsel in Neustadt gearbeitet, aber weiterhin auf Fehmarn gewohnt habe, kam ich damals auch mit dem Tierschutzverein Oldenburg und Umgebung e.V. in Berührung. Nachdem 2 Kater von dort ihr zu Hause bei uns gefunden haben, half ich auch ehrenamtlich mehrmals in der Woche im Tierheim aus. Damals habe ich rückblickend einen recht guten Eindruck davon gewonnen, was Tierbetreuung eigentlich wirklich alles beinhaltet, da ist nämlich so viel mehr als Spazieren mit Hund und Katzen streicheln. Auch, dass nicht jeder Hund begeistert von Menschen ist und dass es aus den unterschiedlichsten Problemen heraus zur Abgabe eines Tieres kommt, habe ich in dieser Zeit gelernt.. Ab und an nahm ich auch Tiere jetzt auch auf Pflegestelle, darunter verwaiste Katzenkinder und verhaltensauffällige Hunde. Der Wunsch meiner tierischen Selbstständigkeit keimte wieder vermehrt auf.

Als dann meine Kinder in relativ kurzem Abstand nacheinander geboren wurden, bekam ich die Gelegenheit, meinen Traum wahr zu machen. Alles begann mit einer Gewerbeanmeldung am 12.10.2010, wenige Wochen nach der Geburt meiner Tochter. Die Gewerbeanmeldung hatte ich damals schon gemacht, um Dinge wie Werbungskosten schon einmal sammeln zu können. Doch schon kurz nachdem ich probeweise ein paar Anzeigen geschaltet hatte, bekam ich die ersten Anfragen.

Von den ersten Kunden bis zur Vollselbstständigkeit

Während der Elternzeit machte sich eine große Nachfrage bemerkbar und irgendwann kamen auch Anfragen zum Hundetraining herein. Da ich zeitlich durch 2 Babys bzw. Kleinkinder recht eingebunden war, nahm ich nicht viel an, investierte aber viel Zeit in das Hintergrundwissen. Es war mal ein regelmäßig kommender Tageshund, ansonsten waren es aber meist Kurz-Betreuungen übers Wochenende. Auch ein Umzug aus der Mietswohnung in Burg ins Einzelhaus mit Garten in Niendorf fand in dieser Zeit statt (2011). Nach der doppelten Elternzeit war für mich klar, dass ich nicht wieder in meinen alten Job als MFA zurückkehren würde. Mein Arbeitsvertrag in Neustadt war zeitlich befristet gewesen und obwohl die Möglichkeit eines Wiedereinstiegs da war, war das für mich irgendwie nicht vorstellbar. Ich war also faktisch arbeitslos, baute aber gleichzeitig eine Selbstständigkeit auf. Leider war das Arbeitsamt keine wirkliche Unterstützung, aber immerhin vermittelten sie mich an ein Gründerprogramm der IHK weiter, bei dem ich mehrere Gründerseminare besucht habe. In solchen Seminaren geht es um Werbung, Steuern, Buchführung, Rechtliches – alles eigentlich recht langweilige Themen, aber ohne die geht es nun mal in einer Selbstständigkeit nicht.

Nach Ablauf der Arbeitslosigkeit sprang ich dann buchstäblich nicht ins ganz kalte Wasser und machte mich am 14.05.2013 vollselbstständig (vorher nur im Nebenerwerb). Wenige Wochen später, am 06.06.2013 starb Buddy mit 14 Jahren und 5 Monaten (auf den Tag genau). Ich habe mir oft Gedanken darüber gemacht, ob sein Dasein den Zweck hatte, mich zu diesem Punkt zu führen. Ich denke, ich wäre nicht auf diese Idee mit der Tierbetreuung gekommen, hätte ich nicht selbst einen Hund mit Trennungsangst gehabt. Buddy war mein Seelenhund und ich bin ihm für alles sehr dankbar.

Vollselbstständig – Und dann?

Mit der Vollselbstständigkeit war ich gezwungen, Gas zu geben. Es gab kein soziales Netz mehr, dass mich auffing, ich musste monatliche meine Kosten allein stemmen und es kam ein ganzer Batzen dazu, den man vielleicht gar nicht so sieht, wenn man angestellt ist: Krankenkasse, Einkommenssteuer, Tourismusabgabe, Betriebliche Versicherungen, IHK-Beiträge, Weiterbildungskosten und vieles mehr machten einen großen Teil der Ausgaben aus. Ab 2015  zählte ich nicht mehr zur Kleinunternehmerregelung, da kam dann noch quartalsweise Umsatzsteuer hinzu. Gleichzeitig wuchs aber auch mein Kundenstamm beträchtlich an, nicht nur in der Hundebetreuung, auch in der mobilen Heimtierbetreuung und dem Hundetraining.

Auch die Pflegestelle fungierte weiter und wir begrüßten hier unter anderem neben Hunden und Katzen auch Wildkaninchen, Feldhasen, Mäuse, Möwen, Amseln, Enten und andere mehr. Allerdings nehmen wir mittlerweile nicht mehr wahllos alles an, auch hier haben wir uns weiter entwickelt und schauen insbesondere bei Wildtieren jetzt mehr darauf, ob wir einem Tier wirklich langfristig gesehen helfen können, oder ob es doch besser an einer anderen Stelle aufgehoben ist. Im Zweifel haben wir aber eine Reihe von Telefonnummern, die wir den Findern geben können.

Privat zog im Frühjahr 2014 auch ein neuer Hund ein – Pucky. Eigentlich wollte ich nie eine Hündin, aber rückblickend kann ich auch hier sagen, sie ist der perfekte Hund für die aktuelle Situation. Sie hat viel zurückgesteckt, weil die Kinder noch klein waren, im Business immer was los war, oder oder oder. Sie ist nicht der gesündeste Hund, sie kämpft mit Allergien und daraus resultierenden Ohrenentzündungen. Trotzdem bin ich sehr froh, sie abends auf der Couch neben mir liegen zu haben.

2016 entschied ich dann mir ein zweites Standbein aufzubauen. Ich hatte mittlerweile viele andere Tierisch Selbstständige kennen gelernt, die ich in Dingen wie Homepageerstellung oder Designleistungen unterstütze. Es nimmt nur einen kleinen Teil meiner Einnahmen in Anspruch, aber das ist für mich in Ordnung.

Ab April 2018 gab ich auch Minijobbern eine Möglichkeit ihr Einkommen aufzubessern.

Der Umsatz wuchs, jedes Jahr ein bisschen mehr, ich kam immer näher an einen Jahresumsatz von 30.000 €. Im Jahr 2019 fehlten noch etwa 2500 € zum Ziel; ich dachte wirklich, im Jahr 2020 würde ich diesen Meilenstein erreichen…

Und dann kam Corona und traf uns mit voller Wucht. Ich habe einen Jahresumsatz in 2020 eingefahren, der wahrscheinlich seit dem Sprung in die Umsatzsteuerpflichtigkeit der bisher geringste war. Es war finanziell gesehen bisher das schlimmste Jahr überhaupt. Ich bin sehr kulant zu meinen Kunden. Wer nicht anreisen konnte, zahlte nichts. Wer schon angezahlt hatte, konnte problemlos verschieben, einigen habe ich das Geld auch zurückgezahlt. Zwischenzeitlich setzte ich die Anzahlungspflicht aus, so dass nur wirklich diejenigen etwas bezahlten, die auch wirklich hier irgendwann vor der Tür standen. Hilfen beantragen war nicht möglich, da wir die Kriterien nicht erfüllten. Meine Minijobber konnten nur sehr selten beschäftigt werden. Gleichzeitig setzten die privaten Ausgaben uns stark zu. Neben einer Krankenkassennachzahlung von 1200 € nach einer Neuberechnung der Kasse für 2018 (!!) und einem enorm gestiegenen Monatsbeitrag, ließ auch das Auto im letzten Jahr mehr Geld in der Werkstatt als in der Tankstelle (allein im Dezember kamen noch einmal Kosten von rund 1000 € hinzu). Und auch der Tierarzt sah mich bzw. meine Tiere öfter als uns lieb war. Hospizhund Boogey, der seit 2016 bei uns lebte, starb im August an einem im Frühjahr diagnostiziertem Lungentumor, ein Kaninchen verstarb an Altersschwäche, ein anderes hatte mit einer Aufgasung im Frühjahr und einem Entzündungsherd im Auge im Spätherbst die Tierarztkosten in die Höhe schnellen lassen.

Alles in allem ein ziemlich beschneidenes Jahr also.

Und doch: Am 12.10.2020 ist der Tierservice Fehmarn 10 Jahre alt geworden. Und tatsächlich hätten das wahrscheinlich nur wenige gedacht. Denn wie oft wurde ich in der Vergangenheit ‘belächelt’, wenn ich von meinem Business erzählt habe. Wie oft hörte ich Sprüche wie ‘Und wie lang willst du das noch machen? Und wann arbeitest du richtig?” etc.

Diese Sprüche höre ich sogar heute noch, zum Teil sogar von Menschen aus meiner Familie. Das macht mich traurig. Der Tierservice ist mehr als ein Hobby. Es macht mich glücklich zu sehen, wenn ein Hund, der daheim leidet, weil Herrchen oder Frauchen arbeiten sind, hier im Rudel völlig entspannt mit läuft, mit anderen Hunden spielen kann und Ansprache erhält. Oder der Hund der nach der Eingewöhnung endlich von sich aus ankommt und gestreichelt werden will, während seine Menschen 1000e Kilometer entfernt ihren Urlaub genießen. Mich macht auch glücklich, wenn ich im Rahmen der Hundeschule auf dem Campingplatz Wulfener Hals, die ich seit Ende 2017 betreue, Menschen kennen lerne, die durch meine Arbeit wieder Vertrauen in sich selbst und in ihren Hund fassen, nachdem sie sich nach schlechten Erfahrungen seit Jahren nicht mehr zum Hundetrainer getraut haben. Mich macht glücklich, wenn ich durch meine Arbeit helfen kann, das Verhältnis aber auch das Verständnis zwischen Hund und Halter zu verbessern, denn es hilft letztlich beiden. Sicher gibt es auch Dinge, die mich nachdenklich machen, aber es gibt eben auch sehr viele positive Dinge zu erleben.

In diesem Sinne hoffe ich jetzt einfach mal darauf, dass die Situation sich dieses Jahr wieder stabilisiert und wir auch unseren 11. Geburtstag feiern können. 🙂

Eine kuriose Anmerkung noch: Heute ist der 06.01.2021. Mein Seelenhund Buddy, der ja so eng mit der Entstehungsgeschichte des Tierservice verbunden ist, wurde geboren am 06.01.1999. Er feiert heute also seinen 22. Geburtstag auf der anderen Seite der Regenbogenbrücke, während ich hier beim Schreiben des Artikels an ihn denke. Happy Birthday, Kumpel – und Danke!

 

 

Geschrieben von: Tierservice Fehmarn

6. Januar 2021

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2 Kommentare

  1. Liebe Susann,

    wir kennen uns schon länger, Du hast meine Homepage erstellt und beweist auch heute noch eine unendliche Geduld, wenn ich mal wieder Ideen habe oder Fragen.

    Ein ganz toller und interessanter Beitrag von Dir und ein interessanter Weg. 10 Jahre sind eine lange Zeit – herzliche Gratulation nachträglich dazu!

    Ich wünsche Dir noch viele, viele gute Jahre und alles Liebe.

    Liebe Grüße

    Monika

    Antworten
    • Vielen Dank für dein Lob, liebe Monika 🙂

      Antworten

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